Martin Lindner on Wed, 11 Dec 2002 20:50:01 +0100 (CET)


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[rohrpost] monsterbegriff medien: definitionen (für theoretiker)


vielen dank für das feedback: das hilft wirklich beim denken.

so weit und insofern ich dich / matze schmidt verstanden habe: 

wenn man "den sozius" als "maschine" (=system?) denkt, und "die medien" als
technisch-semiotisch-sozialsubsystemische maschinen da drin eingebettet,
verschwindet, so kommts mir jedenfalls im augenblick vor, tendenziell
tatsächlich der gegensatz  zwischen der kommunikations-konzeption (-)und der
medialitäts-konzeption (+) der "medien", auf den ich ansonsten so wert lege.

ich allerdings, semiotiker aus überzeugung, glaube eher, dass die so gedachten
"medien" dann ein (sehr mächtiger) spezialfall umfassender semiotischer systeme
sind, die tatsächlich eher "environments" und (als intellektuelle mentalität
oder sowas) de facto auch "zweite (oder n-te) natur" sind. ich denke aber nicht,
dass diese annahme auch bedeutet, dass zwangsläufig in die metasprachliche
analyse solcher strukturen "ganzheits"-phantasien einfließen müssen.  natürlich
gibt es die soziale maschine, aber die läuft nur mit zeichen im tank, um diese
krude-niveaulose metapher zu verwenden. fragt sich also, was in was eingebettet
ist (beide perspektiven sind möglich).

dass "medien" immer ein metaphorischer begriff sind: klar. daraus folgt aber
nicht, dass jeder machen/sagen kann was er will. der begriff gewinnt seine
existenz und evidenz zweifellos aus der allgegenwart der
technisch-elektronischen medien, die tatsächlich wohl in den letzten 100 jahren
zu einer reihe von neuartigen "mediengesellschaften" geführt hat. das ist der
kern des komplexen phänomens "medien", das primäre (!), in dessen mittelpunkt
zwar der apparat selbst steht, aber als kristallisationskern und katalysator für
komplexe vorgänge, die sich als übermittlung/mitteilung von subjekten nur
missverstehen lassen. "das subjekt ist eine straßenkreuzung" (levi-strauss, der
mir im zweifelsfall besser liegt als deleuze/guattari).

> Der Begriff Medium (oder besser Media?) als Praxis der Artikulation von 
> Komplexen und nicht als definitorische Macht. Lieber inflationaer als
deflationaer. 

das kapiere ich nicht ganz, aber da klingt der kampf
strukturalismus/poststrukturalismus an, den ich aus meinen jugendjahren kenne,
als noch aufgeklärter klassischer strukturalist war und den namen "derrida"
zuerst in einem song von scritti politti hörte ("i'm in love with jaques
derrida"  - ende des sentimentalen einschubs). versuchsweise antwort: mir gehts
darum, mit einer scharfen (deflationären?) definition die basis dafür zu
schaffen, das vage/unscharfe/plurale möglichst exakt zu beschreiben, ohne ihm
seine spezifische qualität zu nehmen. paradox, das schon. 

gruß

martin

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