sascha brossmann on Fri, 28 Jan 2000 14:18:58 +0100 (CET)


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Re: [rohrpost] dot-com oekonomie


>Was für Bereiche gewisser Schluesseltechnolgien gelten mag, trifft 
>nicht für die gesamte Produktivitaet immaterieller Arbeit im Netz 
>zu: Die unaufhaltsame Ausbreitung der Free Services, Anstieg der 
>Bandbreiten bei fallenden Transaktionskosten, freie Betriebsysteme 
>und Open Source Software, {...) stellen die Durchsetzbarkeit der 
>Grundlagen digitalen Geldes in Frage.

das bezweifle ich leider massiv, denn spätestens an der schnittstelle 
hört die immaterialität auf und klinkt sich wunderbar in den ganz 
alltäglichen kapitalismus ein. und für den ist es leidlich egal, ob 
das geld nun hardware oder software ist (die geldwerte sind ja 
sowieso schon - wie du selbst geschrieben hast - zu einem guten teil 
"virtuell"). die von dir genannten "free"-fänomene sind nach wie vor 
mit der ganz realen notwendigkeit, dafür geld und/oder weitere 
ressourcen einzusetzen verbunden.

man darf auch nicht vergessen, dass die angesprochene immaterielle 
arbeit zum grossteil von bildungstechnisch (ich schreibe bewusst 
nicht "intellektuell"), finanziell und infrastrukturell qua job, 
bildungsinstitution, sozialer herkunft etc. im vergleich zur 
menschheitsmehrheit hochgradig privilegierten verrichtet wird (und da 
können sie sich noch so sehr für underdogs halten). das bedeutet 
nicht, dass ich diese arbeit nicht gut heisse, im gegenteil. aber 
etwas mehr (selbst-)bewusstsein hinsichtlich der bedingungen, denen 
man unterworfen ist, kann m.e. nicht schaden.
wenn ich allerdings meine bedingungen nicht kenne (oder ignoriere) 
ist die gefahr gross, dass man anfängt wie auch immer gearteten 
kitsch zu produzieren: sozialkitsch, kunstkitsch, filosofiekitsch 
etc. >;-> don't believe the hype.

Phil Graham <phil.graham@mailbox.uq.edu.au> hat übrigens zum thema 
"'Gift' economy" vor einigen tagen auf nettime einige m.e. sehr 
lesenswerte ausführungen geschrieben. bei bedarf kann ich den artikel 
gerne hier posten.

>Doch die freie Marktwirtschaft des Wissens ist nicht auf die 
>Freiheit der digitalen Information vorbereitet.

ich behaupte jetzt mal frei aus dem bauch heraus: die "freiheit" der 
digitalen information hat sich so nur in der "freien" marktwirtschaft 
entwickeln können, ist also von anfang an auch ihren bedingungen 
unterworfen gewesen. nur dass jetzt die betatestfase langsam aber 
sicher endgültig vorbei und die sache im sinne des wortes marktreif 
geworden ist.  darüber hinaus unterliegt sie (die information) ihren 
durch die verfügbaren ressourcen verursachten limitierungen.

>(...) entkräftet nicht den Verdacht, dass wir uns längst schon 
>inmitten eines freundlichen Cyberfaschismus befinden.

und das auch aus oben genannten gründen.

grüsse

sascha

p.s.: ich möchte pit keinesfalls kitschproduktion zu unterstellen, 
falls das oben potenziell missverständlich war.

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er denkt nach // welche dinge stiehlt er aus der welt, welche 
gegenstände verändert er in seinen tropfen hinein, mit welchem 
plunder balsamiert er seine wahrnehmung? - oswald wiener 

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